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Der „stille Dieb des Augenlichts“: Glaukom-Behandlung in Subsahara-Afrika

20.10.2023
Posted on INT SoMe (Facebook, Instagram, LinkedIn, Twitter) on Glaucoma Day on 26 March 2023
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Als Fachorganisation für Augengesundheit haben wir bei Light for the World dem „stillen Dieb des Augenlichts“ den Kampf angesagt. Im Rahmen eines innovativen Pilotprogrammes haben wir ein effektives und bisher einmaliges Glaukom-Managementtool für die Arbeit in unseren Programmländern entwickelt und tragen so zu einer nachhaltigen Lösung bei.

Das Glaukom, auch Grüner Star genannt, ist die weltweit häufigste Ursache für irreversible Erblindungen. Glaukom ist nicht heilbar, es erfordert eine sorgfältige, in der Regel lebenslange Kontrolle und eine enge Zusammenarbeit zwischen Patient*in und behandelnde*r Ärzt*in. Die Diagnosestellung, Glaukom-Behandlung und langfristige Erhaltung der Sehkraft/des Gesichtsfelds trotz einer Glaukomerkrankung stellen in ressourcenarmen Ländern wie unseren Partnerländern in Afrika südlich der Sahara, z.B. Burkina Faso, Äthiopien und Mosambik eine enorme Herausforderung dar.

Was ist Glaukom?

Der Begriff „Glaukom“ fasst mehrere Augenerkrankungen zusammen, die durch eine fortschreitende Schädigung des Sehnervs gekennzeichnet sind. Dies führt dazu, dass das Gesichtsfeld – anfangs meist unbemerkt – eingeschränkt wird. Schließlich führt es dazu, dass die betroffene Person erblindet.

Im Gegensatz zu vielen anderen Augenkrankheiten kann das verlorene Sehvermögen nicht wiederhergestellt werden, Glaukomblindheit ist irreversibel. Nur durch die rechtzeitige Diagnose und langfristige Behandlung des Glaukoms kann ein weiterer Verlust des Sehvermögens jedoch verhindert werden.

Früherkennung ist entscheidend

Das große Problem: bis zu dem Zeitpunkt, da der Sehkraftverlust auffällt, zeigen die meisten Formen des Glaukoms im Frühstadium keinerlei Symptome.

Das Glaukom ist eine Krankheit, die den Nerv des Auges angreift und an der etwa 5 % der Menschen leiden. Je früher man sie entdeckt, desto besser kann man sie in den Griff bekommen und ein weiteres Fortschreiten verhindern – denn es gibt keine Behandlung, die die Schädigung des Nervs rückgängig machen kann.

Dr. Immaculate Emoru, Augenärztin, Mulago National Referral Hospital, Uganda

Behandlungen erfordern Wissen und Technologie

Die Behandlung des Glaukoms in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Dazu zählen eine unzureichende Ausbildung des augenmedizinischen Fachpersonals, fehlende medizintechnische Ausstattung und mangelndes Bewusstsein.

Es gibt schlicht keinen einfachen Screening-Test, um Glaukom auf Gemeindeebene frühzeitig zu erkennen. Hinzu kommt der geringe Bekanntheitsgrad bei nicht-augenmedizinischem Gesundheitspersonal und der Bevölkerung im Allgemeinen.

Dr. Geoffrey Wabulembo, Experte für Augengesundheit und vernachlässigte Tropenkrankheiten bei Light for the World

Nachdem sie unter ständigen Kopfschmerzen gelitten hatte, wurde bei Assabie Bademaw ein Glaukom diagnostiziert. Sie verlor ihr Augenlicht auf einem Auge, aber durch eine Operation – in der Abteilung für Augenheilkunde des Gondor-Krankenhauses in Äthiopien – konnte das Augenlicht auf dem anderen Auge gerettet werden. „Jetzt bin ich froh, dass die Krankheit durch die Operation und die richtige Nachsorge und Medikation eingedämmt werden konnte“, sagte Assabie. „Ich werde dafür sorgen, dass ich mein Augenlicht behalten kann, denn es bedeutet mir alles. Es bedeutet Freiheit für mich.“.

Wissensaufbau für eine erfolgreiche Glaukom-Behandlung

Aufbauend auf unserer Arbeit auf dem Gebiet der Augengesundheit in Burkina Faso, Äthiopien und Mosambik startete Light for the World 2019 ein Pilotprogramm zum Aufbau und zur Stärkung von Glaukom-Behandlung und -Management in stark unterversorgten Regionen. Finanziert wurde das Programm unter anderem von der der Else Kroner Fresenius Stiftung.

Zu diesem Zeitpunkt gab es weder in Burkina Faso noch in Mosambik eine*n Augenärzt*in, die für die Ausbildung von Glaukom-Spezialisten zertifiziert war.

Über vier Jahre hinweg haben wir eng mit den jeweiligen nationalen Gesundheitsministerien und medizinischen Ausbildungseinrichtungen zusammengearbeitet – ebenso wie mit zahlreichen renommierten (internationalen) augenmedizinischen Fachverbänden und Forschungsinstituten, wie beispielsweise der International Agency for the Prevention of Blindness, dem West African College of Surgeons, dem International Council of Ophthalmology, dem International Centre of Eye Health und dem College of Ophthalmology for Eastern, Central and Southern Africa. Das Ziel dabei war es, langfristige und nachhaltige Verbesserungen in der nationalen Gesundheitsversorgung zu erreichen.


Berenice Imeldas Lehrerin bemerkte, dass sie in der Schule Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben hatte. Nach mehreren Krankenhausbesuchen wurde sie von Light for the World unterstützt und im Universitätskrankenhaus Yalgado Ouedraogo in Burkina Faso eine Langzeitbehandlung für ein fortgeschrittenes Glaukom verordnet. Berenice Imelda hat ihr Selbstvertrauen zurückgewonnen. Sie kann nun mit ihren Freunden spielen, kocht gerne und besucht eine integrative Schule, in der blinde Kinder gefördert und unterrichtet werden.

Wissen verbreiten – starke Wirkung erzielen

Light for the World hat das erste Toolkit für die Behandlung von Glaukom in Subsahara-Afrika erarbeitet und veröffentlicht. Es soll bei der Schulung von Augenärzten in der Glaukom-Erkennung und -Behandlung unterstützen sowie zur Vereinfachung und Standardisierung des Glaukom-Managements dienen. Das Toolkit enthält Leitlinien, die Augenärzte bei der Entscheidungsfindung für eine angemessene Behandlung von einem diagnostizierten Glaukom unterstützen.

Das Ziel ist eine langfristige und nachhaltige Verbesserung in der nationalen Gesundheitsversorgung zu erreichen. Auf der Grundlage dieses Toolkits haben bereits neun Augenärzte eine Zusatz-Ausbildung zum Glaukom-Spezialisten erhalten, 22 Augenärzte wurden in der Glaukom-Chirurgie weitergebildet. Zusätzlich wurden weitere 118 Augenärzte darin geschult, Glaukom angemessen zu behandeln.

Ich bin begeistert von der Veröffentlichung des neuen und für alle zugängliche Glaukom-Toolkits! Hoffen wir, dass jetzt genügend Ressourcen mobilisiert werden können, um in möglichst vielen Ländern Pilotprojekte zur Glaukom-Bekämpfung zu initiieren.

Prof. Dr. Daniel Etya’ale, ehemaliger globaler Koordinator von VISION 2020 für Afrika

„Das Toolkit enthält auch praktische Tipps zur Sensibilisierung des Gesundheitspersonals und der Bevölkerung sowie Richtlinien für die Einführung von Standards im Gesundheitssystem für die Glaukom-Behandlung“, erklärt Dr. Wabulembo. „Wenn das Kit in verschiedenen Ländern Anwendung findet, kann es wichtige Anhaltspunkte zu Behandlungsprotokollen, Investitionsbedarf in Ausrüstung und Fachpersonal liefern.“

Bisher wurden sieben augenmedizinische Abteilungen mit der entscheidenden technischenInfrastruktur für die Glaukom-Diagnose und -Behandlung ausgestattet. Am Universitätskrankenhaus Addis Abeba wurde zudem ein ständiges chirurgisches Simulationslabor eingerichtet, in dem gleichzeitig bis zu zwölf Augenärzte aus Äthiopien und Mosambik an umfassenden Glaukom-Schulungen teilnehmen können. 2023 konnten drei Schulungen abgeschlossen werden, sie wurden von Novartis XOVA finanziert.

Zu guter Letzt wendeten wir uns an Gesundheitsbehörden und die breite Öffentlichkeit, um das Bewusstsein für die Auswirkungen des Glaukoms zu schärfen. Wir arbeiteten mit allen nationalen Augengesundheitsprogrammen sowie mit den nationalen ophthalmologischen Gesellschaften zusammen, um Informationen über Glaukom zu erstellen, die allgemein zugänglich sind.

In Zusammenarbeit mit den Gesundheitsministerien bemühen wir uns, auch die entlegenen Bezirke zu erreichen. Das ist unser Hauptansatz – wir versuchen, diejenigen zu erreichen, die schwer zu erreichen sind.

Dr. Geoffrey Wabulembo, Experte für Augengesundheit und vernachlässigte Tropenkrankheiten bei Light for the World

Glaukom-Behandlung und -Management: Nachhaltige Veränderungen schaffen

Gemeinsam mit unseren Partnern haben wir intensiv daran gearbeitet, die Grundlagen für eine adäquate und nachhaltige Glaukom-Behandlung und -Versorgung zu schaffen.

In den kommenden Jahren wollen wir die Glaukom-Behandlung durch den Aufbau von Fachwissen und einen verbesserten Zugang zu augenmedizinischen Diensten in Burkina Faso, Äthiopien und Mosambik verbessern und unsere Bemühungen auf Uganda ausweiten. Wir möchten das Glaukom-Toolkit noch weiter als bisher verbreiten und dadurch nachhaltiges lokales Fachwissen zum Thema Glaukom in Ostafrika aufbauen. Um möglichst langfristige Veränderungen zu erzielen, arbeiten wir eng mit nationalen, regionalen und internationalen augenärztlichen Verbänden und Augengesundheits-Netzwerken zusammen.

Der Ansatz von Light for the World ist so erfolgreich, weil wir bei allen Maßnahmen zur Verbesserung des Glaukom-Managements auf Zusammenarbeit und Konsultation setzen.

Dr. Geoffrey Wabulembo, Experte für Augengesundheit und vernachlässigte Tropenkrankheiten bei Light for the World