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Entwicklung des Sehvermögens bei Kindern

10.10.2024
Deolinda, ein 2-jähriges Mädchen, am Arm ihrer Mutter
Deolinda, ein 2-jähriges Mädchen, am Arm ihrer Mutter
  • Augengesundheit

Wussten Sie, dass sich das Sehvermögen bei Kindern erst in den ersten 12 Lebensmonaten entwickelt? Oder dass es wichtig ist, bestimmte Augenerkrankungen schon frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, weil das Kind sonst gar nicht mehr sehen lernen kann? 

World Sight Day: die Augengesundheit von Kindern im Fokus  

Am 10. Oktober ist Welttag des Augenlichtes (“World Sight Day”), der dieses Jahr unter dem Motto Kinderaugengesundheit steht. Light for the World arbeitet seit über dreißig Jahren daran, die Augengesundheit in ausgewählten Ländern in Afrika zu verbessern. Seit einigen Jahren mit Schwerpunkt auf Augengesundheit für Kinder. 

Warum ist ein gutes Sehvermögen wichtig?

Der Sehsinn ist zentral für die gesamte Entwicklung eines Babys. Es ist eng mit der kognitiven Entwicklung verbunden, da visuelle Reize eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung, der Informationsverarbeitung und dem Lernen spielen. Außerdem beeinflusst es die Entwicklung der (fein)motorischen Fähigkeiten, wie zum Beispiel das Greifen nach Gegenständen. Die Fähigkeit, Gesichter zu erkennen und Mimik zu interpretieren, ist entscheidend für die soziale Entwicklung und die Fähigkeit, Beziehungen aufzubauen und Emotionen zu verstehen. Das Sehvermögen unterstützt so die Entwicklung von sozialer Intelligenz und Empathie.

Auch später in der Schule ist es wichtig, dass Kinder gut sehen: Kinder nehmen 80 % der Lerninhalte visuell auf. Ein Kind, das nicht gut sieht, kann häufig dem Unterricht nicht mehr folgen, weil es zum Beispiel nicht sieht, was auf der Tafel geschrieben steht. Im schlimmsten Fall muss das Kind die Schule abbrechen – was sich massiv auf seine Zukunftschancen auswirkt.

Die Entwicklung des Sehsinns

Schon während der Schwangerschaft können sich bestimmte Infektionskrankheiten der Mutter schwerwiegend auf die Entwicklung des Sehens beim ungeborenen Kind auswirken. Beispielsweise kann eine Erkrankung der Mutter an Röteln beim Kind Grauen Star (Katarakt) verursachen oder eine Toxoplasmose zu Netzhautnarben führen, die ein vermindertes Sehvermögen zur Folge haben.

Nach der Geburt entwickelt sich der Sehsinn Monat für Monat weiter. Im ersten Monat können die Kinder zunächst einmal nur Grauschattierungen erkennen. Im nahen Bereich (ca. 20-30 cm) können sie schon Objekte wahrnehmen und zum Beispiel sehr bald das Gesicht der Mutter erkennen.  

Im zweiten und dritten Lebensmonat kommt es langsam zum räumlichen Sehen. Die Kinder können schon beginnen zu greifen.  

Ungefähr vom vierten bis sechsten Lebensmonat steigt die Sehkraft weiter an. Anfangs liegt sie bei zirka 5 %, nach einem halben Jahr schon bei 60-80 %. Das entspricht bereits fast der Sehschärfe eines Erwachsenen. 

Ab dem siebten Lebensmonat bis zum vollendeten ersten Lebensjahr entwickeln die Kinder eine Tiefenschärfe, wie sie bei einem Erwachsenen vorzufinden ist. Sie können dann schon sehr gut sehen. Das ist auch wichtig, da sie in diesem Alter schon beginnen mobil zu werden und Gegenstände und Gefahren erkennen müssen. 

Mögliche Augenerkrankungen bei Kindern

Bei uns werden Babys unmittelbar nach der Geburt auf Augenkrankheiten, besonders auf Grauen Star, untersucht. Diesen kann es auch bei Kindern geben und das ist besonders gefährlich: das Sehen ist eine sehr komplexe Sinnesleistung, die erst durch das perfekte Zusammenspiel zwischen Auge und Gehirn ermöglicht wird.
Wenn Grauer Star die Sicht verhindert und nicht rechtzeitig erkannt wird, kann ein Kind nicht mehr sehen lernen. Deshalb ist es wichtig, Augenerkrankungen wie Grauen Star frühzeitig zu erkennen.

Es gibt bei Kindern auch den sogenannten Grünen Star (Glaukom). Unter diesem Begriff wird eine Gruppe von Augenerkrankungen, die durch eine fortschreitende Schädigung des Sehnervs gekennzeichnet sind, zusammengefasst. Glaukomblindheit ist irreversibel. Mit geeigneten Maßnahmen kann das Fortschreiten der Erkrankung verhindert werden.

Und, auch wenn es sehr selten vorkommt, kann es auch bei Kindern Tumore im Auge geben. Der häufigste Tumor bei Kindern im Auge ist das sogenannte Retinoblastom (Anmerkung: Tumor in der Netzhaut). Auch hier ist die frühzeitige Diagnose entscheidend. Es gibt heutzutage sehr gute Therapien, meist Bestrahlungen in darauf spezialisierten Zentren . 

Untersuchung des Sehvermögens bei Säuglingen

Deolinda sitzt vor augenmedizinischen Geräten im grünen OP Kittel

Es gibt Gegenstände, mit denen man überprüfen kann, wohin ein Kind schaut. Das sind sogenannte Fixationsobjekte. Man kann sie sich so vorstellen wie große Tischtennisschläger, bzw. Gegenstände mit einem großen Streifenmuster. Wenn ein Kind diesen Gegenständen mit ihrem Blick folgt, weiß man, dass es sieht. Indem man größere oder kleinere Streifenmuster präsentiert, kann man eine Art Sehschärfe feststellen. 

Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen, den sogenannten U-Untersuchungen (gelbes Untersuchungsheft) werden die Augen regelmäßig ärztlich untersucht. Bei der U3-Untersuchung (vierte bis fünfte Lebenswoche) wird gezielt geprüft, ob das Kind auf Lichtreize reagiert und ob Auffälligkeiten im Bereich der Augen oder des Sehvermögens vorliegen. Dabei wird der Augenhintergrund mit einer speziellen Lampe untersucht. Kurz vor dem zweiten Geburtstag (21.-24. Lebensmonat) wird bei der U7-Untersuchung das Sehvermögen des Kindes erneut kontrolliert. Hierbei wird beispielsweise untersucht, ob beide Augen gleich gut sehen, zudem werden mögliche Auffälligkeiten wie Schielen (Strabismus) erfasst. Wiederum zwei Jahre später findet bei der U8-Untersuchung (46.-48. Lebensmonat) eine eine gezieltere Überprüfung der Sehschärfe statt.

Eine erste Überprüfung der Sehschärfe kann ab dem 3. Lebensjahr durchgeführt werden.

Wir setzen uns für Kinderaugengesundheit in unseren Programmländern in Afrika ein

Während die augenmedizinische Versorgung und Vorsorge für Kinder in Deutschland sehr gut ist, sieht es in anderen Ländern ganz anders aus. Schätzungen zufolge haben 40 % aller blinden Kinder weltweit ihr Augenlicht aufgrund von Ursachen verloren, die bei rechtzeitigem Zugang zu augenmedizinischer Hilfe verhindert oder behandelt werden hätten können. Wir finden: Kein Kind sollte erblinden, wenn es vermeidbar ist!

Deshalb arbeiten wir daran, den Zugang zu augenmedizinischer Versorgung und das lokale Gesundheitssystem in den Ländern in Afrika, in denen der Bedarf besonders groß ist, nachhaltig zu verbessern.

Wie wir helfen

In vielen Ländern Afrikas gibt es zum Beispiel keine Vorsorgeuntersuchungen, bei denen Augenprobleme erkannt werden können. Deshalb schulen wir im Rahmen unseres Programmes „1, 2, 3 – I can see!“ in Mosambik, Äthiopien, Uganda und Burkina Faso zum Beispiel Lehrer*innen dahingehend, Augenprobleme bei Kindern überhaupt zu erkennen und dann notwendige Schritte einzuleiten, damit den Kindern geholfen werden kann.

Zudem gibt es in den Ländern, in denen wir tätig sind, zu wenig augenmedizinische Fachkräfte und Behandlungsmöglichkeiten. Um die Situation zu verbessern und das Gesundheitssystem nachhaltig zu stärken, vergeben wir Stipendien für afrikanische Ärzt*innen für die Spezialisierung in der Augenheilkunde, sowie für die Weiterbildung von Krankenpfleger*innen, Hebammen, Kinderärzt*innen und anderen medizinischen Fachkräften.

Die Augenärztin Dr. Mary Asiyo-Vogel untersucht einen Jungen.
Die Augenärztin Dr. Mary Asiyo-Vogel untersucht einen Jungen.

Auch Grauer-Star-Operationen sowie die Verteilung von Brillen gehören zu unseren zentralen Aktivitäten.

Unser Meinung nach ist ein Tag im Jahr nicht genug, um auf die Wichtigkeit von Augengesundheit bei Kindern aufmerksam zu machen. Deshalb versorgen wir Sie in den nächsten Wochen auf unserer Webseite, den Social Media Kanälen und im Newsletter mit noch mehr Informationen darüber, wie wir von Augenerkrankungen oder Sehschwäche betroffenen Kindern helfen.